Christian Ebener – Fünf Quadratmeter Freiheit – im Interview

Christian Ebener ist ein Liebhaber von alten Land Rover Modellen. In einem mit Dachzelt fuhren er und seine Frau Anja 2013 für ein Jahr durch den Nahen und Mittleren Osten. 

Nach dieser Reise entdeckten die beiden in Sheffield auf einem Schrotplatz einen seltenen Land Rover 101 Forward Control. Ein Fahrzeug aus Militärbestand, dass als Ambulanzfahrzeug seinen Dienst tat. Liebevoll wurde dieser saniert und mit einem durchdachten Globetrotter-Setup ausgestattet. 

Mit diesem Landy ging es dann auf dem Landweg von Europa bis nach Australien. Am Ende standen 70.000 Kilometer auf dem Tacho. Hier beantwortet Christian unsere Fragen für die Serie gooutTALKcrazy.

Wann und wo seid Ihr geboren?

Ich bin 1981 in Aachen geboren, Anja 1982 in Dessau.

Was habt Ihr vor Eurem Reiseabenteuer gemacht?

Gereist sind wir vor dieser wirklich langen Tour beide schon sehr viel, so waren wir beispielsweise – ebenfalls in einem Land Rover mit Dachzelt – 2013 bis ´14 im Nahen und Mittleren Osten unterwegs. 

Ich bin schon lange selbstständig und habe passenderweise mit meiner kleinen Firma DefenSuTec Land Rover zu maßgeschneiderten Fernreisemobilen umgebaut. 

Die Zeit für die ausgedehnten Reisen habe ich mir genommen, indem ich einen entsprechenden Slot zwischen zwei Kundenprojekte geschoben habe. Anja ist Orthopädietechnik-Meisterin und hat den Wechsel des Arbeitgebers für diese zugegeben lange Auszeit genutzt.

Ihr seid 70.000 Kilometer mit Eurer Land Rover Ambulanz von Europa nach Australien gefahren. Wieso ein Land Rover? Wo habt Ihr den gekauft und woher kommt der Name „Major Tom“?

Wie schon gesagt, bin ich eng mit der Marke Land Rover verbunden. Ich habe in meinem Leben beinahe eine halbe Million Kilometer auf dem Fahrersitz eines Land Rovers gesessen, kenne die Dinger in- und auswendig.

Somit lag es nahe auch für diese Reise einen Geländewagen des britischen Herstellers zu wählen, auch wenn ein 101 Forward Control sicherlich ein sehr spezielles Modell ist. Die sind sehr selten und somit hatten wir schon echt Glück ein Exemplar auf einem Schrottplatz in der Nähe von Sheffield zu ergattern.

Nachdem wir ihn mit einem total überladenen Trailer nach Hause geholt hatten und die Restaurierungs- und Umbauarbeiten in einer kleinen Scheune begonnen hatten, hörten wir eines Tages den berühmten Song von David  Bowie, indem sein Protagonist, also der Astronaut „Major Tom“, aufbricht um die Tiefen des Weltalls zu erforschen und dabei oftmals keine Verbindung mehr zur Bodenstation hat.

Dieses Bild passte auch sehr gut zu unserem Vorhaben: Zwar wollten wir mit unserer „Tin Can“ nicht ins Weltall, aber auch wir hatten vor uns in bis dato für uns unbekanntes Terrain und auf eine sehr lange Reise zu begeben, bei der eine gute Verbindung nach Hause wohl oftmals nicht möglich sein würde. Zudem dachten wir, dass unser Auto nach einem so langen Leben als Ambulanz beim Militär eine Beförderung zum „Major“ verdient hatte….

Christopher Many hat in seinem Buch „Am Horizont links“ geschrieben, dass der Land Rover das unzuverlässige Fahrzeug im Universum ist. Stimmt das? Was war Eure schlimmste Panne?

Naja, leider kann ich Christopher da nicht wirklich widersprechen. Land Rover, besonders die älteren bis alten, sind schon recht wartungsintensiv.

Man muss es schon auch ein wenig mögen regelmäßig seine Nase ins Auto zu stecken, alle möglichen Füllstände zu kontrollieren und Schmiernippel abzuschmieren. Es gibt bestimmt qualitativ bessere Geländewagen, das will ich gar nicht abstreiten, aber keinen der so viel Ausstrahlung und Style hat – zumindest nach meiner Meinung.

Wenn man immer ein Auge und ein Ohr beim Landy hat, dann bringt er einen überall hin und auch wieder zurück – jedenfalls bin ich noch nie abgeschleppt worden. Unsere schlimmste Panne war dennoch ein kapitaler Motorschaden in Thailand – mit allen Konsequenzen: Motor ausbauen, Zylinder aufbohren, etc. … Glücklicherweise haben wir es auch in diesem Fall aus eigener Kraft bis zu einem Platz geschafft, wo wir die Arbeiten selbst und in Ruhe ausführen konnten.

Euer Buch zur Reise heißt „Fünf Quadratmeter Freiheit“. Fünf Quadratmeter ist nicht viel. Habt Ihr bei dem minimalistischen Leben etwas vermisst?

Durch meine Erfahrung im Fahrzeugausbau haben wir schon ein ganz ausgeklügeltes Setup, so können wir z. B. sogar heiß duschen, zwar nur draußen und im Freien, aber immerhin. Wir haben eine große Kühlbox, reichlich Stromversorgung durch Solarenergie und einen 230Volt Wechselrichter.

Somit gibt es nicht wirklich viele Einschränkungen im Hinblick auf beispielsweise Lebensmittelbevorratung oder Energieknappheit. Dadurch haben wir tatsächlich eigentlich nichts vermisst. Auch zuhause haben wir keinen Fernseher, der uns hätte fehlen können.

Und dennoch: Wenn wir unterwegs bei Bekannten oder später dann zuhause wieder uneingeschränkt duschen konnten, war das schon ein wahrer Genuss.

Auf Eurer Reise seid Ihr auch durch abgelegene Gebiete wie die Mongolei gereist? Wie war es dort mit der Versorgung? Hattet Ihr immer genug Essen und Wasser dabei?

Tatsächlich waren es Länder wie Kasachstan und die Mongolei, wo es schwierig war, Vorräte zu beschaffen und genügend sauberes(!) Wasser zu bunkern. Das liegt zum einen an den anderen Ess- und Lebensgewohnheiten der Menschen dort und zum anderen daran, dass in den abgelegenen Gegenden, in denen zudem so gut wie nichts wächst, manche Dinge einfach nicht verfügbar sind. Am Ende bedeutet das, dass man vorausschauend reisen und einkaufen muss und auch mal Wasser auffüllt, obwohl der Vorrat erst halb aufgebraucht ist. 

Das betrifft übrigens auch den Diesel. Zum anderen heißt das, dass man einen höheren Zeitbedarf unterwegs einkalkulieren muss, da man mancherorts drei und vier Läden verteilt in der ganzen Siedlung aufsuchen muss, bis zumindest ein Teil der Sachen aufgetrieben ist, den man benötigt. Stellenweise muss man auf frisches Gemüse und Obst verzichten und auf  den bordeigenen Bestand an Konserven zurückgreifen, für den man in solchen Fällen vorgesorgt haben sollte.

Bücher von Christian Ebener

Planung

Was war der schönste Moment auf Eurer Reise? Also wenn es denn da den einen Moment gab.

Natürlich beschert einem ein solches Abenteuer eine Fülle an unvergesslichen Augenblicken und wundervollen Bildern, die man wohl sein Leben lang nicht mehr vergessen wird. Aber ganz besonders war dieser Moment, als wir im Flugzeug saßen um die letzten 300 Kilometer von Timorleste nach Australien zurück zu legen. 

Da wurde uns schlagartig klar: Ja, wir haben es tatsächlich geschafft, der Landweg nach Australien mit allen Hürden, Unwägbarkeiten, Formalien und natürlich auch Pannen liegt hinter uns, die vielen aufregenden Monate und Kilometer dieser Herausforderung liegen im Rückspiegel. Das war für uns beide ein außergewöhnlicher Moment.

Ihr wart motorisiert unterwegs. Gab es da bei den Grenzübertritten Schwierigkeiten?

Grenzüberquerungen sind immer ein aufregendes Erlebnis, besonders wegen des Fahrzeugs. Die Zollbehörden gehen sehr unterschiedlich vor: manchmal wird sehr penibel hingeschaut, wird ein Drogenspürhund durchs Auto geschickt und müssen viele Fächer und Boxen aufgemacht und teilweise leer geräumt werden. Manchmal reicht den Beamten ein flüchtiger Blick ins Innere.

Besonders aufregend war allerdings die Ankündigung der thailändischen Behörden, dass wir den Major dort aufgrund eines neuen Gesetzes nicht legal auf die Straße bekommen würden. Zu diesem Zeitpunkt war er in einem Container zusammen mit einem anderen Auto auf dem Weg von der Mongolei nach Bangkok. 

Da war schnelles Handeln gefragt, um uns einen anderen Zielhafen für den Container in einem anderen Land zu suchen. Glücklicherweise ist uns das in letzter Sekunde gelungen. Das waren ein paar sehr stressige Stunden.

Wie habt Ihr „MajorTom“ unterwegs versichert?

Man kann Fahrzeuge grundsätzlich beim Eintritt ins Land an der Grenze für dieses Land versichern. Der Nachteil ist, dass man meistens die Versicherungspolice nicht lesen kann, ergo nicht weiß, wie der Versicherungsumfang ist und diese Versicherungen immer zeitlich befristet sind, was wiederum die Verweildauer im Land beeinflussen kann. 

Als Alternative gibt es ein paar wenige Versicherungsagenturen in Deutschland, die einen weltweiten Kfz-Versicherungsschutz anbieten, der in den meisten Fällen beim Grenzübertritt auch akzeptiert wird. 

Dieser Versicherungsschutz ist gar nicht so teuer und bietet darüber hinaus den Vorteil einen deutschsprachigen Ansprechpartner im Schadensfall zu haben. Für diesen Weg haben wir uns entschieden. Tatsächlich hatten wir im Reiseverlauf einen Unfall und waren von der Schadensregulierung und dem Service begeistert.

Was war schöner als Daheim?

Natürlich meistens das Wetter, aber auch die Freiheit und Einfachheit wenn man so unterwegs ist wie wir. Uns beide fasziniert immer die absolute Stille und Weite an menschenleeren, abgelegenen Orten, gekrönt mit einem Himmel voller ungezählter Sterne.

Was war anstrengender als Daheim?

Temperaturen jenseits der 40 Grad in Kombination mit 100 prozentiger Luftfeuchte wie in Malaysia, können einem schon sehr zu schaffen machen. Oder aber fehlende Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten in Gegenden Asiens, die sehr dicht besiedelt sind und wo die Menschen dort sehr interessiert und begeistert sind von unserer Art zu reisen.

Was war für Euch schwieriger auf Reisen, das Losfahren oder das Zurückkommen?

Definitiv das Zurückkommen. Aus meinen Kontakten mit anderen Reisenden, die viele Monate und Jahre im Ausland waren weiß ich übrigens, dass es ganz vielen so geht. Sich festzulegen, also die eigene Freiheit einzuschränken, fällt vielen nach einer solchen Erfahrung deutlich schwerer. 

Der Blickwinkel auf das Leben an sich und die persönlichen Ziele ändern sich mitunter drastisch, viele Aspekte eines „typischen & abgesicherten“ Lebens in der Heimat scheinen auf einmal entbehrlicher. Die Erfüllung und das Glücksgefühl, das man in dem einfachen Leben on the Road empfinden kann, relativieren für uns persönlich den Lebensstandard zuhause. Das ist sicherlich ein Thema über das man sehr viel philosophieren kann.

Was war das Unnötigste was Ihr mitgeschleppt habt auf Euren Reisen?

Wir sind schon relativ leicht und spartanisch ausgestattet, somit ist für uns vielleicht eher die Frage, welches nötige Accessoire wir nicht dabei hatten, einfacher zu beantworten. Da erinnere ich mich zum Beispiel an einen 12 Volt Ventilator für das Fahrerhaus, dessen Installation verworfen wurde, weil wir das Auto im Winter ausgebaut haben und uns gar nicht vorstellen konnten dass wir den brauchen würden….

Hattet Ihr für Eure Reise eine Krankenversicherung?

Wir hatten unsere gesetzliche Krankenversicherung gekündigt und haben dafür eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen, die fünf Jahre weltweit gültig war.

Gibt es schon Pläne für die nächste Reise?

Ideen gibt es natürlich einige, themenbezogene Projekte für ein neues Buch gibt es ebenfalls. Dabei schiele ich mit einem Auge schon nochmal Richtung Australien. Allerdings müssen diese Vorhaben auch wegen der anhaltenden Corona Restriktionen, besonders auch im Ausland, erst einmal warten. 

Welchen wichtigen Tipp könnt Ihr anderen Abenteurern mit auf den Weg geben?

Das Wichtigste ist wohl, alle Ausreden es Nichtzutun beiseite zu schieben und das Abenteuer endlich starten zu lassen, anschließend wird die Reise zum Selbstläufer. Unwägbarkeiten werden sich auf jeden Fall ergeben und zwar solche, an die du zuhause noch gar nicht gedacht hattest. 

Aber so unerwartet, wie sie auftauchen, wird sich auch die Lösung finden. Unsere Erfahrung aus vielen 10.000 Reisekilometern und mehreren Jahren on the road ist: Am Ende ist alles eine Frage der Zeit und: Es geht immer irgendwie weiter!

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