Tilmann Waldthaler im Interview

Manche Menschen träumen ihr Leben, Tilmann Waldthaler lebt seine Träume. So kurz und knapp kann man wohl die Lebensgeschichte dieses außergewöhnlichen Globetrotters auf den Punkt bringen. Geboren am 24. März 1942 in München, unternahm er mit 35 Jahren seine erste längere Radtour. Heute, 43 Jahre später, reist Tilmann Waldthaler immer noch mit dem Fahrrad. Zwar nicht mehr um die Welt, dafür aber umso mehr am anderen Ende der Welt, durch seine Wahlheimat Australien.

Mir ist es eine große Ehre, Tilmann meine Fragen stellen zu dürfen. Er ist mit einer der Gründe, wieso ich 1997 meine erste Radreise nach Schweden unternommen habe. Seine Reisen inspirieren mich bis heute. Und vielleicht animieren sie sogar noch nachkommende Generationen.

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In meinem Büro im Sarntal 80er Jahre

Einige seiner Reise waren:

  • 1977–1981 Von der Antarktis bis in die Arktis – 55.000 Kilometer
  • 1981–1985 Vom Nordkap bis zu den Medizinmännern in Afrika – 28.000 Kilometer
  • 1989–1992 Die Äqua-Tour – 35.000 Kilometer
  • 2001–2003 Die Alaska-Patagonien-Tour – 30.000 Kilometer
  • 2010–2012 Von Norwegen bis nach Neuseeland  – 30.000 Kilometer
  • 2014–2015 Australien Umrundung – 16.500 Kilometer

„Tilmann ….

 

Was hast Du vor Deinen Reiseabenteuern gemacht?

Ich bin Konditor und ich habe in vielen internationalen Hotels und Konditoreien weltweit gearbeitet.

Was war der Auslöser/gab es einen Auslöser für die Entscheidung auf lange Weltreise zu gehen?

Während meinem ersten Aufenthalt in Australien bin ich einem Radabenteurer begegnet der mit seinem Tourenrad die Welt bereiste. Seine Geschichte hat mich absolut und spontan fasziniert. Er hat mir geholfen ein tolles Tourenrad zu bekommen. Im Jahr 1977 fuhr ich dann los.

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Kamen Dir in deinen Reisevorbereitungen jemals Zweifel, an dem was Du planst?

Ich habe an mir selbst nie gezweifelt. Es waren immer andere Menschen, Freunde und Familie die mir mein Vorhaben ausreden wollten.

Du bist den Nil und am Äquator entlang gereist. Hast die Achttausender im Himalaya umrundet. Du bist von Deutschland nach Neuseeland geradelt. Von Alaska nach Patagonien gefahren. Gibt es etwas, dass Dich noch reizen würde? Oder gibt es etwas was Du aus irgendwelchen Gründen nicht bereisen konntest?

Bis heute habe ich 520.000 Km in 143 Ländern der Erde mit verschiedenen Rädern bereist. Ich habe alles gesehen, was ich sehen wollte und fühle mich sehr priviligiert. Bin wunschlos zufrieden geworden.

Unterwegs in Australien

Was war der schönste Moment auf Deinen Reisen?

Es gibt viele Momente, die ich erleben durfte die, unvergesslich geblieben sind. Diese Momente bleiben als Erinnerung in einer speziellen Ecke des Hirns gespeichert. Diese Gedanken und Erinnerungen sind schneller abrufbar als jedes Dokument auf der Festplatte eines Computers. Hier sind einige davon.

  • Mein Treffen mit Bob Marley und Peter Tosh *
  • Meine Arbeit in der Antarctica *
  • Ich habe 6 Wochen für ein schwedisches Filmteam in der Arktis gearbeitet und ich habe für Max von Sydow gekocht*
  • Der König von Tonga hat mich als Gast eingeladen*
  • In New Delhi dürfte ich Indirah Gandhi besuchen*

Das schönste und längste Erlebnis war das Treffen mit meiner heutigen Frau vor 33 Jahren in der Sahara. Auch sie war damals mit einem Tourenrad in der Wüste unterwegs. Keine Fata Morgana, wir leben in Australien.

Australien-Perth Brisbane

Gab es negative Erlebnisse, Zusammentreffen, Ereignisse, an die du nicht gerne zurückdenkst?

Ich bin während des Irak/Iran Krieges und der USA Geiselkrise im Iran gewesen und bin mit dem Rad von Pakistan kommend, während des Krieges durch den Iran gefahren. Ein Abenteuer der Sonderklasse. Bin von den Revolutionary Guards in Zahedan beinahe erschossen worden. Mein italienischer Reisepass hat mir das Leben gerettet.

Was hast Du auf Reisen für Dich gelernt?

Dass wir alle zur Musik der Geldmacher wie Frösche hüpfen müssen. Wir weißhäutigen Menschen haben das Glück in einer von Gesetzen geprägten Gesellschaft doch noch einen Weg zu finden auf welchem wir uns so lange wir gesund bleiben und die Gesetze beachten wohlfühlen dürfen. 

Dieses Privileg haben Milliarden Menschen in anderen Ländern nicht. Gelernt habe ich, dass ich auf den Straßen der Welt meinem Pfad nach Innen gefunden habe. Dieser Pfad macht mich zufrieden, mit dem was ich habe. Alles, was ich nicht habe, brauche ich nicht.

Haben sich auf Deinen Reise eventuelle Vorurteile bestätigt?

Ich bin immer sehr offen und gut vorbereitet mit ein bisschen Vorsicht in fremde Kulturen und Länder eingestiegen. Manches hat mich fasziniert und ich bin dann viel länger als geplant geblieben, Anderes hat mich absolut nicht berührt. Als Abenteurer hat man natürlich den Vorteil, wenn es einem nicht gefällt wieder aufzubrechen, wohin man will.

Tilmann with Leggero Australia

Was war schöner als Daheim?

Nichts! Mit zunehmendem Alter brauche ich ein Zuhause und dieses haben wir in Australien gekauft. Wir leben sehr komfortabel in einem kleinen Haus in einem Retirement Village in der Stadt Cairns. Wir sind immer noch viel mit unseren Rädern unterwegs und haben im April 2020 unsere Ocean to Ocean Fahrradtour von Cairns nach Perth fertig gefahren.

Was war für Dich schwieriger auf Reisen, das Losfahren oder das Zurückkommen?

Selbst Abenteurer haben eine Komfortzone die sie nicht gerne verlassen. Wenn sie dir was anderes erzählen ist es eine Ausrede, Umgehung der Realität, oder sogar eine Lüge. Wir Menschen lieben es uns wohlzufühlen und eine bestimmte Geborgenheit zu empfinden. Es gibt nur wenige Menschen, die sich als HOMELESS wohlfühlen. Das Losfahren ins Ungewisse war für mich immer schwieriger als das Nachhause kommen.

Du bist von Europa nach Australien ausgewandert, um dort Dein „Rentenalter“ zu verbringen. Wie kam es dazu? Wieso Australien?

Stimmt nicht ganz. Ich war in Südafrika und Zimbabwe bei der Victoria Falls Hotel Gruppe als Konditor tätig und sah ein Stellenangebot für Konditoren und Köche in Australien, New Zealand und für Kanada. Die Australier waren die Ersten die mein Angebot akzeptierten. Das Stellenangebot beinhaltete auch eine permanente Aufenthaltsgenehmigung. 

So kam es dass ich von Zimbabwe im Jahr 1967 nach Australien auswanderte. Die lockeren Menschen mit einem ganz speziellen Humor haben mich beeindruckt. Die Weite, die Wüste, diese unendliche Freiheit hat mich total fasziniert und im Jahr 1974 wurde ich australischer Staatsbürger und bin es bis heute geblieben. Ich liebe dieses Land mit all seinen Vor- und Nachteilen.

Was bedeutet Heimat für Dich?

Heimat ist ein kultureller und traditioneller Begriff. Meistens da wo man aufgewachsen ist. Ich bin bereits als Kind in der Nachkriegszeit immer mit meiner Mutter unterwegs gewesen. Deutschland, Österreich, Italien und später in der Schweiz. Ich hatte nie das Gefühl wirklich Bürger eines dieser Länder zu sein, denn ich war immer und überall der Ausländer. Heimat ist für mich dort wo ich mich wohl fühle und meine Träume vom Reisen realisieren kann***Australien!!

Du hast bereits mehrere Bücher erfolgreich veröffentlicht. Hast Du während Deinen Reisen angefangen Deine Bücher in ein Skript zufassen?

Ich habe ja einige Bücher selbst publiziert und diese Bücher habe ich bereits unterwegs geschrieben. Dadurch wurde der Prozess ein Buch gleich nach der Reise fertig zu haben beschleunigt. Es ist auch vorteilhaft das Manuskript unterwegs zu verfassen, weil man während der Reise direkt mit der Geschichte lebt.

Ich habe insgesamt 17 Bücher geschrieben oder mitgeholfen diese Bücher zu realisieren. Das letzte Buch wurde 2015 publiziert und heißt OUTBACK. Eine Fahrradtour ins australische Outback.

Wie hast Du Deine Reisen finanziert?

Die Reisen habe ich durch meine Arbeit als Konditor, später als Werbeträger für die Fahrradindustrie, Vorträge und Bücher finanziert.

Australien-Bike Kamel

Welchen wichtigen Tipp, kannst Du anderen Abenteurern mit auf den Weg geben?

Versuche nicht andere Abenteurer zu imitieren um noch besser, noch schneller, noch weiter, noch höher und was weiß ich, besser zu machen. Vergiss nicht dass jeder Mensch Qualitäten besitzt, die einzigartig sind. Gestalte Deine Abenteuer um deine Qualitäten, deine Ausstrahlung, deine Überzeugung von dir selbst und deine Möglichkeiten. 

Dies ist dein strahlender Punkt und nicht was andere geleistet haben. In einer Welt gefüllt mit Versprechen, Korruption, Betrug und Katastrophen wird es immer wichtiger durch Leistung und persönliche Ausstrahlung zu überzeugen. Umarme die Situation, die Möglichkeit zu haben dorthin aufzubrechen, wohin dich deine Beine tragen. Sei dir bewusst, dass du nicht Abenteuer erleben musst, sondern Abenteuer erleben willst. Alles, was wir machen wollen, macht man viel lieber als das, was man machen muss.

Tipp: Es ist immer besser mit einer vollbrachten Leistung einen Sponsor zu suchen, als mit einem Rucksack gefüllt mit Ideen auf Sponsorensuche zu gehen. Ideen sind die Bausteine eines Vorhabens aber noch lange kein fertiges Werk. Sponsoren wollen Resultate sehen.

Wir danken Dir für das Interview.

Weblinks

Bücher von Tilmann Waldthaler

  • Amerika von oben nach unten. Tilmann Waldthaler (Selbstverlag), Rheden 2003, ISBN 3-00-012139-0
  • Bei Sonne, Wind und Regen. Malik, 2011, ISBN 978-3-492-40424-2
  • Bergradtouren in Südtirol. Athesia, Bozen 1991, ISBN 88-7014-606-5
  • Biken nach Lust und Liebe – Südtirol. Athesia, Bozen 2000, ISBN 88-87272-06-9
  • Die Äqua-Tour. Hermann (u. a.), Markgröningen (u. a.) 1994, ISBN 3-929920-12-3
  • Expeditionen mit dem Fahrrad – mit „Äquatour“. 2. Auflage. Moby Dick, Kiel 1994, ISBN 3-922843-89
  • Expeditionen mit dem Fahrrad. Moby Dick, Kiel 1989, ISBN 3-922843-41-7
  • Nordkap – Neuseeland (E-Book). Piper ebooks, München 2012, ISBN 978-3-492-95820-2
  • Nordkap – Neuseeland. Malik, München 2012, ISBN 978-3-89029-425-4
  • Outback – Mit dem Fahrrad quer durch Australien (E-Book). Piper ebooks, München 2014, ISBN 978-3-492-96659-7
  • Outback – Mit dem Fahrrad quer durch Australien. Malik, München 2015, ISBN 978-3-492-40546-1
  • Radfahren quer durch Südtirol. Athesia, Bozen 2003, ISBN 88-87272-48-4
  • Sieh diese Erde leuchten! Taschenbuch, Malik, 2009, ISBN 978-3-492-40357-3
  • Südtiroler Bergradtouren für Geniesser. Athesia, Bozen 1993, ISBN 88-7014-718-5

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