Carsten Janz im Interview – Beinhart, 9 Jahre Fahrrad Weltreise

101.000 Kilometer, 64 Länder, 9 Jahre, 83 Reifenschäden und 21 Speichenbrüche, das ist die grobe Bilanz von Carsten Janz. 1998 verließ Carsten, damals 36 Jahre alt, Hamburg. Man könnte sagen, Carsten Janz ist ein leidenschaftlicher Weltenbummler. Nebenbei nahm er zahlreiche Jobs an, um sein Reisebudget aufzubessern. Manchmal aus Liebe. Siedlungen waren nie sein Ding gewesen.

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Aktualisiert am 11.02.2024

„Carsten….

Wann und wo bist du geboren??

Ich wurde im April 1962 in Hamburg geboren

Was hast du vor deinen Reisen gemacht??

Neben der Schule nur Sport. Fußball, Schwimmen, Basketball, Skifahren zweimal im Jahr für je 3 Wochen, aber hauptsächlich Leichtathletik. Im Mehr- und Mittelstreckenlauf und im Weitsprung war ich einige Jahre sogar unter den 10 besten Weitspringern Deutschlands. 

Was war der Auslöser für die Entscheidung, auf eine Reise zu gehen?

Mein Umdenken begann während meiner Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Der Gedanke, Jahr für Jahr mit Krawatte und Aktentasche in dieselbe Firma zu gehen, ließ mich schaudern. Ich habe meine Ausbildung beendet und dann nur noch befristete Arbeitsverträge angenommen. _ Ich habe 6 Monate gearbeitet (z. B. als Zugbegleiter) und die anderen 6 Monate gereist. Zuerst als Backpacker auf allen Kontinenten, später als Abenteurer. In dieser Zeit bin ich 3 Monate durch Südafrika, Lesotho und Swasiland geradelt. Diese Art unterwegs zu sein hat mich so begeistert, dass ich mich zu einer langen Weltreise entschlossen habe. Der konkrete Anlass für den Start war der Tod von 2 meiner englischen Freunde, mit denen ich zusammen in einem Fitnessclub in Hamburg trainiert habe. Sie waren eine Musikgruppe namens London Boys und wurden in den 90er Jahren sehr berühmt, um ein Duo zu werden. Ein unverschuldeter Autounfall riss sie aus ihrem erfüllten, kurzen Leben. Da wurde mir plötzlich klar, wie schnell alles vorbei sein kann._ Ich zögerte nicht länger, kündigte meinen Job und ging hinaus in die Welt.      

Wie hast Du Deine Reisen finanziert?

Ich suchte nach allen möglichen Jobs im In – und Ausland . Einzige Bedingung meinerseits war die saisonale Einschränkung. Sehr oft habe ich deshalb im Ausland gearbeitet. _ Vor allem interessierten mich in Italien gut bezahlte Extremjobs. Ich habe zum Beispiel als Baumpflanzer im Yukon Territory in Kanada, als Apfelpflücker, als Pistenraupenfahrer im Wallis in der Schweiz, als Fischfabrikarbeiter in Alaska während der Lachssaison oder als Englischlehrer in Japan gearbeitet.  

Was hast Du vor deiner Reise gemacht?

Neben der Schule nur Sport. Fußball, Schwimmen, Basketball, Skifahren zweimal im Jahr für je 3 Wochen, aber hauptsächlich Leichtathletik. Im Mehr- und Mittelstreckenlauf und im Weitsprung war ich einige Jahre sogar unter den 10 besten Weitspringern Deutschlands. 

Das Buch zur Reise

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Hattest Du eine Krankenversicherung? War Ihnen das überhaupt wichtig?

Auf der Weltreise hatte ich eine Krankenversicherung der HanseMerkur, die mich für die gesamte Zeit meiner 9-jährigen Reise versichert hat, obwohl die maximale Versicherungsdauer offiziell 5 Jahre beträgt. Ja, ich denke, Krankenversicherung ist eine kluge Entscheidung. Der Mensch setzt sich bewusst oder sehr viele Gefahren aus, wenn er jahrelang allein in die Pedale tritt. unbewusste Razzien, behandelte Tropenkrankheiten, Verletzungen, Stürze, Unfälle, Tierattacken etc. sind lang und ein Krankenhausaufenthalt kann schnell an finanzielle Grenzen bringen.

Was war die schlimmste Panne, die Du je hatten?

Bei meinem Lowrider-Gepäckträger ist der Überrollbügel kaputt gegangen. Dadurch blockierte das Vorderrad und ich wurde mitten im Abstieg aus dem Sattel katapultiert. Ergebnis: mehrere gebrochene Rippen.

Das Buch zur Reise

  • Beinhart: In 3300 Tagen mit dem Fahrrad um die Welt

Welche drei Dinge haben sich für dich auf Reisen als völlig unsinnig herausgestellt?

Kerze, Angelschnur und Haken und meine Geschenke (Postkarten aus Hamburg und Deutschland und Luftballons)

Wenn du nur drei Dinge mitnehmen könntest, um eine Weltreise mit dem Fahrrad zu beginnen, welche wären das (außer deinem Fahrrad und deiner Kleidung)?

Schlafsack, Zelt und Mineralwasser

Welche Ecke der Erde würdest du auf jeden Fall noch gerne besuchen/sehen?

Ich habe die Schnauze voll, ich habe kein Land, wo ich nochmal um die Ecke müsste . 30 Jahre unterwegs und 110 Länder sind genug. Also, ich lebe jetzt in Südamerika und das ist ein fantastischer Abenteuerspielplatz, falls es mich mal wieder jucken sollte.

Du hast während Deiner Reise 101.000 Kilometer zurückgelegt und 64 Länder besucht. Gibt es ein Land, an das Du dich besonders positiv oder auch besonders negativ erinnern?

Ich fand immer die Länder mit viel Natur und geringer Bevölkerungsdichte am faszinierendsten und nicht umgekehrt. Deshalb liebe ich Länder wie Kanada, Australien, Norwegen, Namibia oder Argentinien viel mehr als Indien, Indonesien, Bangla Desh, Äthiopien oder Ostchina.
Sie sind 1998 in Norddeutschland gestartet.

Hat sich Deutschland nach Deiner Ankunft für Dich spürbar verändert?

Die größte Änderung war die Währung. Bei der Abreise habe ich noch in DM bezahlt, bei der Rückkehr habe ich in Euro bezahlt. In Hamburg hat sich der Hafen verändert und unzählige Hotels sind hinzugekommen. Aber Hamburg ist irgendwie das Dorf geblieben, das es immer war. Jeder in Bangkok, Seoul, Kairo, Sao Paulo oder Mumbai könnte verstehen, was ich meine.

Was war einfacher, das losfahren oder das zurückkommen?

Tag 1 einer Welttournee ist bei weitem schwieriger als Tag 3293, obwohl beide extrem emotional sind. Bei der Abreise mischten sich Vorfreude auf große Abenteuer und Erlebnisse und seltsame Selbstzweifel, ob es wirklich die richtige Entscheidung war, den Heimathafen zu verlassen. 

Außerdem umarmte ich meinen Vater beim Abschied, wohl wissend, dass es das aller letztes Mal war ( er war 85 Jahre alt und sehr krank ). Die Rückkehr war emotional positiv. Ich war einfach unglaublich glücklich und dankbar, dass ich überlebt und mich von meinem Leben als Fahrradnomade verabschiedet habe.

In Jordanien wurdest Du mit Steinen beworfen. Was war der Grund dafür? Wie bist Du damit umgegangen?

Steinewerfen ist in vielen muslimischen Ländern ein „Nationalsport“ unter Kindern. Sie flogen in Marokko ebenso wie in Ägypten, Indien oder Jordanien. Besonders bedrohlich war es auf dem Karakorum Highway im Norden Pakistans. 

Die Steine waren groß und feige von hinten geschossen und zeigten mir, dass ich nicht willkommen sei. In den anderen Ländern ist es wahrscheinlich ein Versuch, Aufmerksamkeit und eine Reaktion des Fremden zu bekommen. Dies sind sehr schmerzhafte Erfahrungen in Körper und Seele. 

Die körperlichen Prellungen heilen, aber sich nicht willkommen zu fühlen, ist ein langer Prozess. Ich habe manchmal wütend reagiert und die kleinen Plagegeister angegriffen, aber meistens hat es mich traurig gemacht. Allein fahrende Radfahrer werden stärker beworfen als Radfahrer, die in Gruppen von 2 oder mehr Personen zusammen fahren.

In welchem Land hast du Dich am längsten aufgehalten und was hast du während deines Aufenthalts dort gemacht?

Am längsten im Ausland gelebt habe ich in der Schweiz (9 Jahre) und jetzt in Chile (11 Jahre). Während der Weltreise hielt ich mich am längsten (1,5 Jahre) in Osaka in Japan auf. Dort konnte ich als Englischlehrerin arbeiten.

Wer länger unterwegs ist, trifft auf zahlreiche andere Weltenbummler, die ein ähnliches Abenteuer unternehmen. Fällt Dir dabei jemand ein, an den Du Dich noch erinnerst?

Der Motorrad-Weltreisende Mika Kuhn. Ein wilder deutscher Junge mit finnischen Wurzeln. Er staubte mich ab, als ich im Norden von Laos vorbeiraste. Wenig später hielt er am Straßenrand an und wir fuhren eine Weile zusammen. 

Er nahm etwas Benzin aus dem Hahn und ich trat so viel in die Pedale, wie meine Beine hergaben. Wir sind seit Contact dabei und leben jetzt beide in Südamerika. Er in Bolivien und ich in Chile.

Gibt es unterwegs eine Art Community von Langzeitreisenden? Wenn ja, wie sieht es aus?

Ich denke, heutzutage gibt es aufgrund der neuen technischen Möglichkeiten mehr Austausch unter Langzeitreisenden. Als ich auf Reisen war, änderten die Leute nach einem gemeinsamen Abend ihre Postadresse. Später dann E-Mail-Adressen und schrieben sich gelegentlich, aber echte Freundschaft oder Austausch gab es auf Dauer wenig. Allerdings habe ich mich auch nicht sehr bemüht. Ich liebte es, Zeit mit mir selbst zu haben. 

Welche Person würdest du gerne kennenlernen?

Ich durfte einige meiner Idole kennenlernen, die mich persönlich motiviert haben. Beispielsweise. Rüdiger Neberg, Achill Moser, Arved Fuchs oder Hans Kammerlander. Dian Fossey, die Gorillaforscherin, hätte ich gerne getroffen, besonders nach meinem Besuch bei den Berggorillas in den Virunga-Bergen Ruandas. Leider wurde sie ermordet _ _ . Unter den Lebenden möchte ich den ehemaligen Bergsteiger Reinhold Messner oder Königin Rania und König Abdullah aus Jordanien kennenlernen. Ich war in Amman, als König Hussein starb, und sah diese zwei sehr jungen Leute in einem offenen Auto an mir vorbeifahren. Beide wollten ihre neue Rolle als Königspaar zunächst gar nicht, sind dann aber bravourös in ihren neuen Job hineingewachsen.

Du bist vor einigen Jahren nach Chile ausgewandert. Warum Chile? Wie verdient man dort seinen Lebensunterhalt?

Chile ist eine sehr gute Mischung aus dem sehr organisierten Westeuropa und dem chaotischen Afrika. Es ist ein global unbedeutendes Land am Ende der Welt, das mir gefällt und das wunderschöne abwechslungsreiche Naturlandschaften bietet. Während meiner Weltreise habe ich hier meine jetzige Lebenspartnerin Patricia kennengelernt. 

Wir leben von der Vermietung eines Ferienbungalows und züchten Kakteen und Sukkulenten auf einem Grundstück direkt am Pazifik. Motivationsreden halte ich auch hier auf dem Land, mittlerweile in Castellano.

Welchen wichtigen Tipp kannst Du anderen Globetrottern mit auf den Weg geben?

Beginne mit kleinen Abenteuern. Probiere verschiedene Dinge aus.  Wenn Du die Leidenschaft gefunden hast, wäge die Vor- und Nachteile ab und erleben ein großes Abenteuer mit Verstand und  Herzen. Lass Dich nicht von einer möglicherweise negativen Umgebung beirren. Du kannst Dein Ziel, 

Deine Überzeugung nicht verlieren. Der eine oder andere Weg mag sich schließen, aber ein neuer wird sich öffnen. Gabe den Mut dazu und das Leben wird Dich belohnen. 

…. Vielen Dank für das Interview. Bleib gesund!“

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